Samstag, 16. September 2017

Rezension




Marlenes Geheimnis von Brigitte Riebe


Infos zum Buch:

Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
Verlag: Diana Verlag
Veröffentlichung: 11. September 2017
ISBN: 978-3453292055
Preis: € 19,99 [D]

Kurzbeschreibung:

3 Frauen, drei Generationen und ein Geflecht aus Lügen

Marlene hat die Vertreibung aus der Heimat nach dem Krieg längst hinter sich gelassen. Vor mehr als siebzig Jahren begann sie mit ihrer Mutter Eva am Bodensee ein neues Leben. Eine florierende Schnapsbrennerei, die die Früchte der Region verarbeitet, ist ihr ganzer Stolz. Erst als ihre Nichte Nane kurz nach Evas Beerdigung die Aufzeichnungen der Großmutter liest, bricht die Vergangenheit ohne Vorwarnung herein. Und ein lang gehütetes Geheimnis kommt zutage…

Beurteilung:

Nane kehrt zur Beerdigung ihrer Großmutter Eva an den Bodensee zurück. Schon mit der ersten Seite des Buches schafft es Brigitte Riebe eine tiefe Verbundenheit und Liebe zu diesem Ort zu vermitteln.

Nane, unsere Protagonistin, ist eine junge Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Wenn nicht diese gesundheitlichen Probleme wären, die sie sich kaum erklären kann, die aber immer deutlicher auf einen umfassenden Richtungswechsel in ihrem Leben drängen.

In Rickenbach am Bodensee treffen Nane, ihre Mutter Vicky und Tante Marlene aufeinander. Während man bereits zwischen Nane und ihrer Mutter leichte Unstimmigkeiten erfühlt, steigert sich dies um ein Vielfaches, als Tante Marlene auf der Bildfläche erscheint.
Was ist zwischen den Frauen geschehen, dass solch ein mühsam unterdrückter Groll vorherrschend ist? Während Nane eher in neutraler Position steht, scheinen Vicky und Marlene sich verbal zu zerfleischen. Und man fragt sich unwillkürlich, was geschehen sein mag. Charakterlich sind die beiden schon sehr unterschiedlich. Vicky ein Freigeist, unzuverlässig, sprunghaft, während Marlene verantwortungsbewusst, klar und auch etwas streng ist. Ist die Rivalität der beiden in deren unterschiedlichen Wesen begründet? Dafür scheint der Groll jedoch zu stark zu sein.

Tante Marlene ist ein absolut interessanter Charakter. Man möge mir verzeihen, wie lieblos das nun klingt. Damit möchte ich sagen, dass mich ihr Charakter am meisten beschäftigt hat. Sie bietet so viele Facetten… Sie ist stark, verantwortungsvoll, zuweilen etwas ruppig und sagt, was sie denkt. Dann wiederum zeigt sie Nane gegenüber aber auch Zuneigung und -eher ungewollt- eine sehr verletzliche Seite.
Mit leisen Tönen schafft es Brigitte Riebe, Gefühle in dem Leser zu wecken, die sich festsetzen und das Gelesene nicht vergessen lassen. Und das hat sie mit dem Charakter von Tante Marlene besonders eindrucksvoll geschafft.

Die Geschichte nimmt Fahrt auf, als Nane beginnt, in den Aufzeichnungen ihrer Großmutter Eva zu lesen, die diese ihr hinterlassen hat.
Auch ich habe, als der erste Eintrag begann, tief Luft geholt, in Erwartung die Geschichte der Familie zu erfahren und auch dem Groll von Marlene auf die Spur zu kommen.
Die Zeitsprünge beginnen im Jahr 1938. Dem Jahr, in dem das Sudetenland dem Deutschen Reich angegliedert wird und die ganze Tschechoslowakei das Grauen namens „Hitler“ zu spüren anfängt.
Dank der Aufzeichnungen ihrer Großmutter erfährt Nane nicht nur, wie Eva die Kriegsjahre durchgestanden hat, sondern auch von ihrer großen Liebe Jan und dem unvorstellbaren Leid und den Verlusten, die Eva in diesen Jahren durchstehen musste.

Nach und nach gerät Nane bei ihrer Lektüre zu Erkenntnissen, die ihre Kreise bis in die Gegenwart ziehen und Geheimnisse aufdecken, die viele nicht einmal ahnten. Auch die Rolle, die die in Rickenbach ansässigen „Benteles“ in der Auberlinfamilie spielen, wird allmählich deutlich.

Besonders, als die kleine Marlene in der Geschichte auftaucht, war ich sehr ergriffen. Aber wie ihre Geschichte ist, sollte man sich wirklich mit aller Ruhe und Aufmerksamkeit bei der Lektüre von „Marlenes Geheimnis“ zu Gemüte führen.

Das Tagebuch ihrer Großmutter hat Nane die Vergangenheit ihrer Familie näher gebracht, viele Fragen beantwortet, Geheimnisse aufgedeckt…
Nun ist es an Nane, was sie mit ihren Einsichten macht.

Während ich dieses Buch gelesen habe, habe ich einen kleinen Ausflug nach Rickenbach unternommen, das etwa 15 Minuten von meinem Wohnort entfernt ist. Ich bin also durch die Rickenbacher Sträßchen spaziert und habe mich so verbunden mit der Geschichte gefühlt, wie ich es noch bei keiner anderen in der Form erlebt habe. Auch deshalb war das Lesen von „Marlenes Geheimnis“ eine besondere Erfahrung für mich.
Noch beim Schreiben dieser Rezension bin ich erneut und anhaltend ergriffen vom Gelesenen.
Wie unsagbar stark viele Frauen, die ähnliches wie Eva erlebt haben, gewesen sein mussten. Aber welche Wahl hatten sie schon? Die Angst als ständigen Begleiter zu haben, muss so zerstörerisch wirken, dass ich es mir nicht annähernd vorstellen kann. Und Gott dankbar bin, es bisher auch nicht zu müssen.
Und dann muss man irgendwie weiterleben… Mit all den schrecklichen Erfahrungen in der Seele und den schlimmen Bildern im Kopf. Man muss funktionieren, leben, im Zweifelsfall sogar versuchen zu vermitteln, dass das Leben schön sein kann, wenn man Kinder hat. All jene, die das erreicht haben, sind für mich wahre Helden, die eine unbeschreibliche Stärke in sich tragen. All jene, die es schaffen mit schrecklichen Erlebnissen weiterzuleben und das Leben zu lieben und zu schätzen.

Brigitte Riebe
Ich danke dem Diana Verlag, der es mir ermöglicht hat, dieses Werk bereits so früh zu lesen und ich danke Brigitte Riebe für diesen Roman. Auch wenn sie vielleicht Zweifel hatte, ob ich ihr Buch zu schätzen wüsste, tue ich es zutiefst, dessen kann sie versichert sein. Vielen herzlichen Dank!



5 von 5 Äpfeln 🍎🍎🍎🍎🍎 für diesen Roman


Eure Melo 💚

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